[in: Peter I. Schneider u.a. (Hg.): Lichtkonzepte in der vormodernen Architektur, Intern. Kolloq. Berlin, 26.2.-1.3. 2009, 2011, 1-14.]
Die
Gotik als Architektur des Lichts
Über
gotische Architektur und das Licht schreiben zu wollen, heißt eigentlich
beinahe die gesamte Architekturgeschichte von vier Jahrhunderten in allen
Ländern des Abendlandes behandeln zu müssen, und dabei fast Alles in dieser
Baukunst, die zweifellos als Architektur des Lichtes zu bezeichnen ist.
Ich
werde mich aber von vorneherein beschränken, und zwar zeitlich, indem
ich mich im Wesentlichen auf die Frühzeit, vor allem das 12. Jahrhundert, konzentriere
und örtlich, indem ich nur die Bauten Frankreichs berücksichtige und sachlich,
indem ich nur die Innenräume studiere.
Doch
das reicht immer noch nicht: allein schon der Begriff des Lichtes und die
Aussagen über das Licht sind so vielfältig, dass man ihnen in einem so kurzen
Text kaum gerecht werden kann. Man braucht nur eine Bibelkonkordanz
aufzuschlagen, um Seiten über Seiten von Belegen zum Wortfeld ‚Licht‘ zu
finden. Bereits in den ersten Versen der Schöpfungsgeschichte lesen wir von
Gott als dem Schöpfer des Lichtes (Gn 1,1-5, 14-19), das sein Abglanz ist. Gott
ist der Lichtumkleidete, das Licht spiegelt die göttliche Herrlichkeit (Ps
82,6; 104,2; Ex 24,10; Ez 1,22), ja es wird mit ihm ineins gesetzt, was jedoch von
den Theologen nur als Metapher bzw. Name geduldet wird.[1]
Im Neuen Testament bietet das Johannes-Evangelium eine Lichttheologie, die in
den Eingangsversen Christus als ‚das Licht der Welt‘ bezeichnet, das in der
Finsternis leuchtet (Io 1,3-6; 1,9; 8,12). In der Transfiguration auf dem Berge
Tabor wird Jesus zur Lichtgestalt verklärt und dadurch seine göttliche Natur
erwiesen. Das Licht ist unter allen irdischen Erscheinungen Gott am ähnlichsten,
weshalb es so viele Lichtmetaphern für Gott gibt. Die Licht spendenden
Himmelskörper, Sonne, Mond und Sterne, sind Manifestationen seiner selbst: Gott
ist der sol invictus und der sol iustitiae. Christus nennt seine
Jünger das ‚Licht der Welt“ (Mt 5,14), die Gläubigen ‚Kinder des Lichtes‘ (Io
12,36). Am Jüngsten Tag finden die Erretteten Eingang in das Himmlische
Jerusalem, eine Stadt des Lichts aus Glas, Kristall, Gold und Edelsteinen, bevölkert
von den Lichtgestalten der Engel.
Es
wird genau unterschieden zwischen den verschiedenen Qualitäten des Lichtes und
des Leuchtens: Johannes der Täufer ist nicht das wahre Licht (lux vera), sondern nur eine lucerna ardens et lucens, die brennende
und leuchtende Laterne, die dem wahren Licht Christus den Weg bereitet (Io
5,35). Lux und lumen sind nicht dasselbe: lux
ist die Lichtfülle, das ausströmende Licht der Sonne, lumen eher das Licht, das ein Leuchter verbreitet; es kann auch den
Leuchtkörper selbst meinen. Andererseits wird lumen abgesetzt von der Laterne, womit eine Hierarchie der
Lichtquellen deutlich wird. Die verschiedenen Erscheinungsweisen des Lichtes
werden sorgfältig unterschieden, der splendor,
d.h. der Glanz, vom fulgur, d.h. dem
Aufblitzen, vom Schimmern, der claritas
(Klarheit und Helligkeit) usw.
Ein
spezifisch mittelalterlicher Aspekt der Lehre vom Licht ist die wichtige Rolle
und überaus hohe Bewertung der Edelsteine. Man war der Meinung, sie würden aus
sich selbst heraus leuchten, d.h. ohne Einwirkung einer äußeren Lichtquelle.
Man schrieb ihnen deshalb magische und andere wunderbare Wirkungen zu und hielt
sie für heilig, insbesondere die farbreinen Arten, wie Saphir, Rubin und
Smaragd; Ähnliches gilt für die Perlen mit der nur ihnen eigenen Lichtwirkung. In
diesem Sinne wurden die Farbfenster als eine Art selbstleuchtender
Edelsteinwände aufgefasst.
Angesichts
dieser Fülle ist es erstaunlich, dass die Zahl wissenschaftlicher Publikationen
zum Thema nicht so groß ist, wie man eigentlich erwarten würde, und dass viele es
an Wissenschaftlichkeit vermissen lassen. Paradoxerweise wüsste ich keine
einzige systematische Studie über das Verhältnis der gotischen Architektur zum
Licht zu benennen.[2] Eine Ausnahme
bildet die Literatur zum Gründungsbau von St.-Denis, weil dessen Auftraggeber,
Abt Suger, in seinen Schriften auf die Lichtqualitäten der von ihm gewünschten
Kunst hinweist und sie theologisch untermauert – ich werde darauf zurückkommen.
Zu
den historischen Quellen sind auch Bilder zu zählen. ABB Das lässt sich an den Tafeln Jan van Eycks demonstrieren, wie der
‚Madonna in der Kirche‘ in der Berliner Gemäldegalerie und der etwas jüngeren
Verkündigung an Maria in der National Gallery in Washington, deren Thema
wesentlich das Licht ist. In dem kleinen Berliner Bild sehen wir eine
überdimensional große, stehende Muttergottes mit Kind in einer gotischen
Kirche, die von ihrer Größe und Ausstattung her eine Kathedrale sein könnte.
Gemeint ist, dass Maria mystisch identisch ist mit der Kirche, diese wiederum
mit der Braut Christi usw. – dieses allegorisch-typologische Bedeutungsgeflecht
braucht uns hier nicht weiter zu interessieren. Für uns ist wichtiger, dass wir
in der Kirche zweierlei Licht bemerken, einmal die Kerzen auf dem Altar und
dann das Licht, das durch Fenster und Türen in den Kirchenraum hineinfällt; da
wir davon ausgehen müssen, dass die Kirche geostet ist, kommt es von Norden –
d.h. es ist außerirdisch und übernatürlich und bedeutet hier die Einwirkung
Gottes
In
dem etwas jüngeren Bild in Washington wird die Bedeutung des ebenfalls von
Norden kommenden Lichtes noch präzisiert, da es hier in Form von sieben
Strahlen auftritt, womit die Sieben Gaben des Hl. Geistes gemeint sind, von
denen die Gottesmutter erleuchtet und erfüllt ist. Das Licht ist hier ein
Mittel der Darstellung der dritten Person der Trinität.
Zwar
ist das Licht zu jeder Zeit Thema der Kirchenbaukunst, doch verlangt es nach
einer Erklärung, warum die Bauten der verschiedenen Epochen so unterschiedlich
mit dem Licht umgehen. Vereinfacht ausgedrückt arbeitet die vorgotische
Architektur weniger mit dem architektonisch gestalteten und durch Farbfenster
gefilterten Außenlicht, sondern mit dem im Inneren der Kirche erzeugten. Das Licht
der Leuchter und Lampen wird reflektiert in den Mosaiken, dem Gold der
illuminierten - d.h. zum Leuchten
gebrachten - Handschriften, dem Strahlen der Edelsteine, dem Schimmern der
Perlen, dem Glanz des Edelmetalls bei den Reliquienschreinen und anderer
liturgischer Gerätschaften. Die Dinge werden so gestaltet, dass von ihnen Licht
auszugehen scheint, so z.B. beim Pantokrator der Apsis der Cappella Palatina Rogiers
II. in Palermo, entstanden um 1140. Der Hintergrund ist aus goldenen Mosaiksteinen
gebildet, im Nimbus finden auch silberne Verwendung. Passend dazu können wir im
aufgeschlagenen Buch sowohl auf Griechisch wie auf Lateinisch lesen: „Ich bin
das Licht der Welt“. Von einer architektonischen Gestaltung des Lichtes kann
man kaum reden, auch nicht von einer bewussten Lichtführung. Denn die Fenster
sind klein; es fällt nur wenig natürliches Licht in den Raum.
Die
Geschichte des Lichts in der abendländischen, vor allem der nordalpinen Architektur ist aber wesentlich die
Geschichte des Fensters und der mittels Durchfensterung arbeitenden Lichtregie.
An der Gewinnung von mehr Licht arbeitete man damals bereits intensiv in König
Rogiers ursprünglicher Heimat, der Normandie. Die Zeitgenossen haben die
Tendenz zur Aufhellung als Hauptmerkmal des neuen Stils der Gotik erkannt. Dafür
ein Beleg unter vielen: Der Autor der Chronik der Bischöfe von Auxerre widmet
in der Vita des Bischofs Hugo (um 1180) einen eigenen Abschnitt der Maßnahme, “qualiter fenestras in fronte veteris operis
ecclesiae ac vitreas dilataverit, ut ecclesia qui more veterum usque tunc
fuerat subobscura, in lucem claresceret ampliorem…“. (wie er die Fenster an
der Fassade seiner Kathedrale erweitert hat, damit der Raum, der nach alter
Weise etwas dunkel war, in reicherem Licht erglänze).[3]
Und weiter über die Erneuerung des Bischofspalasts: “palatium ipsum multum nobiliori quam ante tecti decoravit structura;
et, ad intermittendum lucem in palatium, fenestras pinnaculi magna
intercapedine dilatavit, arcens flatus importunos ventorum vitrearum
perlucidarum objectu (er erweiterte die Fenster, um mehr Licht in den
Palast zu lassen, und versah sie mit großen Verschlägen. Sie wehren mit ihrer
durchsichtigen Verglasung unerwünschte Winde ab).“[4]
Die Schutzfunktion der Fenster wird auch von dem Chartreser Kanoniker Pierre de
Roissy um 1230 betont, der die Fenster mit den Kirchenvätern verglich, die den
Wind der bösen Mächte abhalten, aber die Lehre des Evangeliums in den
Kirchenraum hereinlassen.[5]
Ganz
so einfach – romanisch = dunkel, gotisch = hell – stellt sich die Geschichte
des Lichtes in der Baukunst des 12./13. Jahrhunderts jedoch nicht dar. Bereits
im 11. Jahrhundert ist das Bemühen um die Vermehrung und Vergrößerung der
Fenster, insbesondere im Sanktuarium, zu bemerken.[6]
Man weiß nicht genau, wann und wo in Frankreich der neue Typus von
Sanktuariumsarchitektur mit Umgang und Fenstern aufkam. Gewiss war er schon um
die Jahrtausendwende in den großen Kirchen an den Pilgerwegen verbreitet, so in
St.-Martin in Tours. Bei diesem Grundriss-Typus wird ein Chorumgang (deambulatorium) mit Radialkapellen um
das Sanktuarium geführt, die frühere Apsis durchfenstert und die Altarzone von
einem repräsentativen Säulenkranz umgeben.[7]
Es
ist begreiflich, dass die Mönche von Cluny ihre ab 1088 errichtete neue Kirche,
ein Höhepunkt der romanischen Klosterbaukunst, als urbs Sion aurea (goldene Stadt Sion, d.h. das Himmlische Jerusalem)
und als deambulatorium angelorum
(Wandelhalle der Engel) priesen.[8]
Diese Verweise sind jedoch nicht abstrakt gemeint, da man damals der
Überzeugung war, dass das Zeichen Anteil am Bezeichneten habe, so dass die
materielle Kirche nicht nur Symbol der "urbs beata dicta pacis visio" sei, sondern wenigstens
ansatzweise eine konkrete Vorwegnahme:[9]
Vom Himmlischen Jerusalem heißt es in der Bibel: "Ihr Leuchten ähnelt einem
Edelstein ... (lumen eius simile lapide
precioso ... Apc 21,11,12)", worin die alte Lehrmeinung zum Ausdruck
gebracht wird, die Edelsteine könnten ohne Zufuhr von Licht allein aus sich
selbst leuchten.[10] Weiterhin
heißt es vom Himmlischen Jerusalem: sie ist eine "Stadt aus reinem Golde,
einem reinen Glas vergleichbar (civitas
auro mundo simile vitro mundo, Apc 21,18)."
Die
Vorbildlichkeit von Cluny III wird u.a. daran deutlich, dass noch die
Kathedrale von Bourges in ihrem um 1195 entstehenden Neubau die Fünfschiffigkeit
und seinen Aufriss übernimmt, aber bescheiden auf Querhäuser verzichtet, darin
ihrer älteren Schwester Notre-Dame in Paris nicht unähnlich.
Dem
Bauanspruch der Cluniazenser, die sich die zweitgrößte Kirche der damaligen
Welt errichtet hatten, und ihrer Ästhetik hielt der Zisterzienserabt Bernhard
von Clairvaux in seiner berühmten Polemik, der Apologia ad Guillelmum, entgegen: "Sagt, Ihr Priester, was
soll das Gold im Heiligtum?" und unterstellte ihnen: "... sie zögen mit
Hilfe von Gold [den Gläubigen] das Geld aus der Tasche. Mit einem Trick werde erreicht,
„dass wo der meiste Reichtum zu sehen ist, auch am meisten gegeben wird. Die
von Gold bedeckten Reliquien blenden die Augen, und die Geldbörsen öffnen sich"-
nebenbei gesagt ein schönes Zeugnis für die Lichtwirkung derartiger Reliquiare
und Geräte. Für ihn war der Neubau ein verdammenswertes Werk cluniazensischen
Hochmuts und unmönchischen Luxus.[11]
Er wirft seinen Gegnern vor, sie würden 'judaizare'.[12]
"Die Kirchen der Cluniazenser folgen ... auf eine gewisse Weise den alten
jüdischen Bräuchen".[13]
Darin drückt sich ein anderes Verständnis der Typologie aus, wonach der
neutestamentarische Antitypus nie mit dem alttestamentarischen Typus
übereinstimmen darf. Der typologische Verweis auf die Präfiguration des Neuen
Testamentes im Alten sowie auf die Symbolik des Himmlischen Jerusalem zählten
für ihn nicht. Bernhard tadelt z.B. die nach dem Vorbild des Siebenarmigen
Tempelleuchters geschaffenen Kandelaber, die "aufgestellten Bäumen
gleichen."
Bernhard
bestritt keineswegs die symbolische Deutung des Kirchenbaus und seiner Teile,
deutete aber das Verhältnis zu den biblischen Vorbildern anders. Die
zisterziensische Klosterkirche sucht weder eine Annäherung an die prächtige Erscheinung
der Sancta Sanctorum des
Salomonischen Tempels noch an die der Himmelsstadt.[14]
Denn sie versteht sich nicht als Vorwegnahme des himmlischen Glanzes, sondern höchstens
als ihr „dunkles Atrium“. Da alles Irdische dürftig und unvollkommen sei, müsse
in allem irdischen Tun die Distanz zwischen Diesseits und Jenseits sichtbar
bleiben. In der Tat sind die ältesten erhaltenen zisterziensischen
Kirchenbauten wie Fontenay so außergewöhnlich finster, dass ein gewollter
Verzicht auf Beleuchtung vorliegen muss (ABB.##).[15]
Bernhards Ausführungen über die dunkle Hautfarbe der Schwarzen Braut in den
Homilien zum Hohelied paraphrasieren das Thema der Dunkelheit und helfen die
Erscheinung der frühen Zisterzienserkirchen zu erklären.[16]
Analogdazu
sind die frühen zisterziensischen Realisierungen der Bauaufgabe des Sanktuariums
niedriger und einfacher als das Langhaus, durchaus entgegen dem Zeitgeschmack.
Was damit beabsichtigt war, lässt sich aus einer Polemik des Pariser Domkantors
Petrus erschließen, der sein Leben als Zisterziensermönch in der Abtei Longpont
beschloss. Er schreibt: „Auch beim Bau der Kirchen wird gesündigt. Obwohl ihre
Häupter [d.h. das Sanktuarium] niedriger sein müssten als ihre Körper [d.h. das
Langhaus] um des Mysteriums willen, weil unser Haupt, d.h. Christus, niedriger
ist als seine Kirche, werden sie jetzt höher gebaut…..“[17]
Das ist jedoch die Meinung eines Vertreters der älteren Generation. Denn
inzwischen hatte der Zisterzienserorden, und zwar schon kurz vor dem Tode
Bernhards 1153, die neue lichtere Bauweise der Ile-de-France akzeptiert und errichtete
die Neubauten in ihrem Stil. Dies fiel nicht schwer, denn die bernhardinische
Theologie durchzieht von Anfang an eine besondere Verehrung des Lichtes, die
sich u.a. in der Wahl der Klosternamen ausdrückt, allen voran Clairvaux selbst,
d.h. lat. Clara vallis, zu deutsch Lichtenthal.[18]
Auch hatten die Zisterzienser aufgrund des Verbotes farbiger Fenster einen
eigenen Typus von Grisaillefenster entwickelt, durch die helles Licht in den
Kirchenraum strömte.
Bei
frühen zisterziensischen Sanktuarien finden sich oft unterhalb des
Gewölbeansatzes horizontale Fugen, die sich daraus erklären, dass man den Raum
nachträglich erhöht bzw. eingewölbt hat, wie z.B. in Eberbach. Gleichzeitig
wurden oft die Sanktuariums-Fenster vergrößert bzw. vermehrt. Die ersten
Aufstockungen erfolgten bald nach der Mitte des 12. Jahrhunderts.[19]
Gewöhnlich wird dies als Planwechsel oder aus der Wahl eines unterschiedlichen
Gewölbetypus erklärt. Der eigentliche Grund jedoch ist der Paradigmenwechsel in
der Bausymbolik[20] und
Lichtästhetik.[21]
Auslöser
dieses Wechsels war die zwischenzeitlich entstandene moderne Baukunst der
Ile-de-France, die vor der Mitte des 12. Jahrhunderts mit den Sanktuariums-Neubauten
in Noyon, St.-Germer-de-Fly, St.-Denis, Sens usw. eine neue Bauweise entwickelt
und ihr zugleich eine neue Deutung gegeben hat.
Abt
Suger von St.-Denis, eine der prägenden Gestalten in diesem Innovationsprozess,
war zu Beginn seiner Amtszeit Zielscheibe der Kritik des hl. Bernhard, weil er sich
bei der Huldigungsreise durch die Besitzungen der Abtei von über 60 Rittern begleiten
ließ und einen fürstlichen Luxus betrieb.[22]
Wie sein Freund Petrus Venerabilis, Abt von Cluny, ebenfalls Opfer der
Polemiken Bernhards, versuchte Suger sich zu schmiegen, um zu einem Konsens mit
diesem inquisitorischen, das Volk entflammenden Prediger zu gelangen.[23]
(ABB) Betrachtet man den von Suger viele
Jahre reflektierten und geplanten, erst gegen Lebensende 1140-1143 realisierten
Sanktuariums-Neubau von St.-Denis, so finden wir einen Raum von mäßiger Höhe,
ökonomischer Konstruktion und sparsamer Bauzier. Entscheidend ist jedoch die
neue Ästhetik des Lichtes und der Klarheit. Sugers Sanktuariums-Neuschöpfung
unterscheidet sich von allen vorangehenden Bauten durch die maximale
Vergrößerung der Fenster, die fast bis zum Boden geführt wurden, und durch die
dichtere Gruppierung der Chorumgangskapellen, die mit ihrer ununterbrochenen
Fensterreihe in den Worten Sugers eine ‚lux continua et mirabilis‘ schafft.[24]
Leider war der Baumeister der Choranlage von St.-Denis konstruktiv zu
wagemutig, so dass der Bau schon ein gutes halbes Jahrhundert später abgerissen
und ersetzt werden musste, wobei man jedoch so respektvoll mit dem Original
umging, dass man möglichst viel beizubehalten versuchte und die monolithen Säulen
sogar in der komplizierten Technik des ‚en sous-oeuvre‘ durch entsprechend der
Bettung gehauene Trommeln ersetzte.
Der
Kontrast zwischen dem alten und dem neuen Stil wird im Gegensatz der Krypten-
mit den darüber liegenden Kapellenfenstern bewusst inszeniert. Entsprechendes
gilt für die Innenräume, die in ein bestimmtes System gebracht wurden: unten
Rundbögen, oben spitze, unten keine Fenstergliederungen, oben eingestellte
Säulchen, unten rechteckige Wandvorlagen, oben achteckige usw. Dies folgt einer
Systematik, die im übrigen auch im Inneren gilt, nur findet die außen für den
oberen Teil reservierte Achteckvorlage nun in der Krypta Anwendung, während
oben Säulenprunk entfaltet wird. Analoges gilt für die Kapitelle.
Leider
wissen wir nicht, wie der Obergaden von St.-Denis ausgesehen hat; doch können
uns erhaltene Bauten der Nachfolge, wie das Südquerhaus der Kathedrale von
Soissons, eine Vorstellung von der Zierlichkeit der Bauglieder und der dadurch
erreichten Lichtfülle vermitteln. Die Leichtigkeit, ja der geradezu unwirkliche
Charakter der Architektur innen wurde durch die Verlagerung des Stützsystems
nach außen und durch die Verbesserung der Wölbtechnik ermöglicht.
ABB Suger liebte es, als 'neuer Salomon' bezeichnet zu werden und meinte,
mit seinem Neubau das Vorbild des Tempels Salomos zu überbieten.[25]
Er setzte sich also über die Kritik Bernhards an dieser Bezugnahme hinweg, ging
über die traditionelle Lesart hinaus und unterschied gemäß den Anweisungen
Gottes zum Bau der Stiftshütte (Ex 25ff., bes. 26,33f.) das Sanktuarium von der
Sancta Sanctorum, d.h. das Heilige
vom Allerheiligsten.[26]
Sugers neuer Kirchenbau versteht sich als ein neuer Tempel Salomons, aber als
einer, der nicht das Sanktuarium über und über mit Gold bedeckt, sondern sich
der spirituelleren Lichtquelle der farbigen Glasfenster bedient. Suger griff auch
ohne Bedenken das cluniazensische Motiv des durchfensterten Sanktuariums mit
Säulenkranz auf. Auch dieses Motiv und die Hervorhebung der Mitte (medium)[27]
rechtfertigte er durch den Bezug auf die Bibel. Diese Idee war für ihn jedoch nicht
'jüdisch', sondern paulinisch. Er zitiert ausführlich die Sätze aus dem
Epheserbrief, in denen die Säulen mit den Aposteln verglichen werden.[28]
Er interpretiert sie jedoch typologisch, indem er die äußeren Säulen als
Propheten deutet, die inneren als Apostel, zusammengeführt im Schlussstein,
d.h. Christus.
Suger
gibt noch eine weitere theologische Rechtfertigung des neuen Sanktuariumstyps:
Er vergleicht die materielle Kirche und die Gemeinschaft aller Gläubigen mit
einem Körper, dessen Haupt, d.h. das Sanktuarium, das ja in der
zeitgenössischen Terminologie oft als caput bezeichnet wird, Christus ist. Deshalb
hat für ihn das Haupt glänzender zu sein als der Leib. Wie Bernhard folgt er
der auf Vitruv fußenden anthropomorphen Deutung des Bauwerks; beide interpretieren
sie christologisch um, doch schließt sich Suger der Mehrheitsmeinung an, die
das Sanktuarium den alttestamentarischen Vorbildern gemäß als den am reichsten
ausgestatteten Raum der Kirche haben wollte. War dies in der Frühzeit noch
strittig, so erklärt Durandus von Mende, Autor des bis zum 18. Jahrhundert
meist gelesenen liturgischen Handbuchs, des Rationale divinorum officiorum,
lapidar als gültige Lehrmeinung: "Die Anordnung der materiellen Kirche
folgt dem menschlichen Körper. Das Sanktuarium bzw. der Ort, wo der Altar
steht, stellt das Haupt dar."[29]
Schon
im 8. und 9. Jahrhundert hatten die Mönche von St.-Denis ihren Schutzpatron,
den hl. Dionysios, sowohl mit dem Paulusschüler Dionysios, Bischof von Athen,
gleichgesetzt wie mit dem wohl im 6. Jahrhundert tätigen syrischen Autor, der
seine Schriften, von denen uns vor allem De Hierarchia caelestis wichtig ist,
demselben Dionysios untergeschoben hatte. Das am Neoplatonismus orientierte
Werk mit seiner ausführlichen Lichtmetaphysik erhielt damit eine fast
apostolische Autorität und konnte nun als Argumentationshilfe zur Einführung der
neuen Architektur dienen. Doch halte ich es für falsch, die neue Architektur
ausschließlich aus der Rezeption des Pseudo-Dionysios zu erklären.
Man
hat also die Gotik von ihrer Genese her als 'Stil der Neugestaltung des
Sanktuariums' zu definieren. Sie konnte dessen Bedeutung besser zum Ausdruck
bringen als jede ältere Bauweise. Dies wird im Wesentlichen erreicht durch die
Steigerung der Lichtfülle, d.h. die Vergrößerung und Vermehrung der Fenster und
die Konzentration des Lichtes um den Hochaltar. Die ersten Nachfolgebauten
begnügten sich deshalb oft damit, nur das Sanktuarium zu erneuern, so in der
Abteikirche St.-Remi in Reims. Der neue Baustil war mit seiner Lichtfülle und
seiner geometrischen Strenge von so überzeugender Spiritualität, dass auch die
Weißen Mönche ihn übernahmen. Doch steht die gotische Bauweise nicht im
Gegensatz zur romanischen, vielmehr ist sie eine Steigerung und Vervollkommnung
von Ideen, die im Kern schon in der Abteikirche Cluny III vorgegeben waren.
Suger
nennt diesen in zuvor ungekannter Weise lichtdurchfluteten Raum eine
Vorwegnahme des himmlischen Glanzes.[30]
Man kann von einer Architektur der "Transfiguration" (Verklärung)
sprechen; sie gibt nicht, wie Hans Sedlmayr wollte, das reale Abbild des
Himmlischen Jerusalem, sie gibt jedoch eine Vorahnung davon. Sie will den Geist
zu den höheren Sphären des Himmelslichtes erheben. Der Schlüsselbegriff für die
Absichten dieser theologischen Ästhetik ist die Anagogie. Sie wird definiert im
Proemium des Durandus: "Anagoge dicitur
... sensus, qui a visibilibus ad invisibilia ducit".[31]
(Anagogisch wird derjenige Schriftsinn genannt, der von den sichtbaren Dingen
zu den unsichtbaren führt). Sie bringt die neuartige Beziehung zwischen
Betrachter und Werk zum Ausdruck, den Schritt von der eher abstrakt bleibenden,
nur einen Erkenntniszusammenhang bereitstellenden, symbolischen Bedeutung zu
einer Sinne, Herz und Denken gleichermaßen ergreifenden und auf das Göttliche
lenkenden Wirkung.[32]
Suger schildert das aus eigener Erfahrung: „Als mich einmal die vielfarbige
Schönheit der Edelsteine von den irdischen Sorgen ablenkte und …würdiges
Nachsinnen mich überzeugte, dabei zu verharren, da meinte ich mich zu sehen,
wie ich in einer Region wandelte, die nicht ganz im Schmutz der Erde, aber auch
nicht ganz in der Reinheit des Himmels lag, und wie ich dann von dieser unteren
zu jener höheren Sphäre durch die Gnade Gottes in anagogischer Art empor getragen
wurde.“[33] (de materialibus ad
immaterialia transferendo, honesta meditatio insistere persuaderet, videor
videre me quasi sub aliqua extranea orbis terrarum plaga, quae nec tota sit in
terrarum faece nec tota in caeli puritate, demorari, ab hanc etiam inferiore ad
illam superiorem anagogico more Deo donante posse transferri". In der Betrachtung der Kirche und ihres Schmuckes soll
sich der bedrückte Geist aufrichten und seinen Sinn gen Himmel lenken.[34]
Schon vor dem Betreten der Kirche verheißen die Verse auf dem Türflügel: "Mens hebes ad verum per materialia surgit /
Et demersa prius hac visa luce resurgit." (Der träge Geist steigt von
den irdischen Dingen auf zum Wahren / Und der Niedergedrückte erhebt sich wieder
durch den Anblick des Lichts.)[35]
Der Begriff der 'heilbringenden Schau' ist einer der Schlüsselbegriffe einer
sich verändernden Frömmigkeit, die einhergeht mit der neuartigen Inszenierung
des Sakralen und einer Ästhetik eigener Art.[36]
Für
wie wichtig größtmögliche Helligkeit galt, sieht man daran, dass Bauten,
insbesondere Choranlagen, rigoros umgebaut oder gar durch Neubauten ersetzt wurden,
wenn sie diese Erwartung nicht erfüllten, selbst wenn sie noch keineswegs
reparaturbedürftig waren: Dies erging dem Neubau von Notre Dame in Paris, dessen
Helligkeit als ungenügend erachtet wurde, was ca. 20 Jahre nach der Vollendung
des ersten Baus zu einem großen Umbau des Obergadens mit dem Ziel der Erweiterung
der Fenster führte. Zur Aufhellung wurden
technisch innovativ auch Flachdächer eingeführt und die Streben extrem
ausgedünnt. Eine Generation später kam es in Notre Dame zur Anfügung von fast
vollständig durchlichteten Querhäusern mit den damals größten Rosenfenstern.
Die
Geschichte der gotischen Architektur ist der Tendenz nach eine der Vergrößerung
der Fensterflächen, aber auch der bewussten Gestaltung der Lichtführung, d.h.
ihrer Steigerung bzw. Abschwächung, ihrer Konzentration bzw. Abschattung. Der
Ehrgeiz zielte zunächst darauf, die Wände der Kirchen restlos zu durchfenstern,
so dass bei einigen Bauten überhaupt keine Mauerstreifen neben den Fenstern
mehr zu finden sind. Man durchbrach auch die Wände der Triforien, oft nur im
Sanktuarium, wie in der Stiftskirche von Moret-sur-Loing.
Aufschlussreich
ist die Position der Fenster in der Wand. Die von Viollet-le-Duc gezeichnete
Isometrie des Amienser Langhauses macht deutlich, dass die Fenster im
Arkadengeschoss in der Mitte der Mauer sitzen, im Obergaden jedoch innen bündig
mit dem Dienstbündel, so dass außen noch ein Laufgang hinpasst. Das hat zur
Folge, dass wegen des anderen Einfallswinkels oben mehr Licht einfällt. Da
außerdem keine Schatten werfenden Nachbargebäude vorhanden sind, wird die
Lichtintensität nach oben noch verstärkt. Dem entspricht auch die
Farbverglasung, die im Obergaden viel größere Blankglasflächen hat.
Doch
nicht alles in der Kirche wollte man gleich hell haben. Hauptziel war immer die
Wirkungssteigerung des Sanktuariums. Das Licht der farbigen Fenster ersetzte
das Gold des Salomonischen Tempels. Deshalb wurden auch zuerst nur die
Triforien der Sanktuarien durchfenstert. Dies geht einher mit einer gestuften
Vermehrung des Schmucks, sei es im Maßwerk, sei es dadurch, dass man die Amienser
Chortriforien mit Wimpergen bereicherte. Die genauere Betrachtung zeigt, dass die
Hochschiffswand von der Fenstergliederung her bestimmt ist: so wird z.B. das Triforium
als Sockel des Obergadenfensters gebildet, mit derselben Dreiteilung und von
oben heruntergezogenen Fensterstäben.
In
diesem Zusammenhang ist auch auf das merkwürdige Gesims unterhalb des
Triforiums einzugehen, dessen krautiges Blattwerk sich von den Traditionen antiker
Architektur sehr weit entfernt. Dem Architekten ging es vor allem darum, einen
horizontalen Schattenstreifen einzuführen und zugleich ein schmuckreicheres
Gesims zu haben als in der Arkadenzone. Die Gestaltung der Architektur selbst ist
also auf Lichtwirkung hin berechnet.
(ABB) Neben der Hervorhebung des Sanctuariums hatte die Lichtführung
noch ein anderes Ziel: die Steigerung
der Lichtintensität von unten nach oben. Gerade in Amiens, wo man in dieser
Hinsicht besonders innovativ war, ist die Lichtmenge, die durch die Fenster der
Seitenschiffe hereinkommt, geringer als im Obergaden. Außerdem ist die
Lichtquelle weiter entfernt, so dass das Mittelschiff unten weniger hell ist
als oben.[37]
ABB Etwas überspitzt kann man also sagen, dass die gotische Baukunst nicht
nur eine Kunst der schlanken Dienste, der Spitzbögen und der Rippengewölbe ist,
sondern mehr noch eine der Fenster. Sie bilden mit ihren Glasbildern den
Mittelpunkt jedes Joches; ihr Stabwerk bestimmt letztlich den Aufriss. Sie sind
das Thema und das Grundelement bei der Komposition des Wandreliefs. Von ihnen her
ist jedes Joch zu beschreiben. Man kann am Beispiel der Umgangskapelle in
Amiens sehen, wie die Architektur der Fenster auf die Wände übergreift.
Die
Baumeister des späten 12. Jahrhunderts haben die Säule durch den kantonierten
Pfeiler, d.h. die Rundstütze mit kräftigen Diensten an ihren vier Seiten
ersetzt, doch schon bald bekam der Bündelpfeiler den Vorrang, der letztlich
ebenfalls aus einem romanischen Vorbild weiterentwickelt wurde. Beim
Bündelpfeiler aber zeigte sich bald, dass man ihn nicht mehr als aus fünf
unterscheidbaren, körperlichen Gliedern geformt verstand, sondern die Formen
kontinuierlich ineinander übergehen ließ. D.h. sie wirkten weniger als
distinguierte Körper, sondern als Licht-Schatten-Bahnen.
Das
deutet sich bereits im Obergaden von Amiens an und findet seine Vollendung in
der Sainte-Chapelle in Paris, errichtet in den Jahren 1241-1248 als gläserner
Schrein für die Dornenkrone Christi und die anderen prestigereichen, von König
Ludwig dem Heiligen in Konstantinopel erworbenen Reliquien. Der Bau ist
vollständig durchfenstert, die Architekturteile sind ausnahmslos bemalt und vergoldet,
das Gewölbe als blauer mit Sternen bedeckter Himmel gestaltet. Dass hier auf
die Himmelsstadt Jerusalem Bezug genommen wird, ist offenkundig. Und wie dort
kann man von leuchtenden Edelsteinwänden sprechen.[38]
Die
Unterkapelle ist sehr viel niedriger und geradezu finster, der Kontrast der
Lichtwirkung sehr hart, aber sicher beabsichtigt. Während die meisten gotischen
Neubauten keine Krypta haben und die nur wenig ältere Hofkapelle in
St.-Germain-en-Laye überhaupt keine Unterkapelle, wird hier der Kontrast
zwischen der Dunkelheit des Irdischen und des Himmlischen herausgearbeitet: der
Weg von der ‚Krypta’ unten zum gläsernen ‚Schrein‘ oben versteht sich als
Aufstieg zum göttlichen Licht.
Die
Architektur wird entkörperlicht und spiritualisiert - sie wird zur Erscheinung.
Ich
ziehe den Schlusssstrich. Ich kann hier weder die Geschichte der gotischen
Lichtarchitektur Mitteleuropas, noch die originellen Lösungen in England oder
Katalonien vorstellen; sondern nur noch eine abschließende Bemerkung machen: Der
Rückgriff auf die antiken Säulentypen und ihre Systematisierung im System der
Säulenordnungen seit dem 16. Jahrhundert darf nicht darüber hinwegtäuschen,
dass die entscheidende Neuerung, der konstruktiv kühne, lichtdurchflutete Raum
mit großen Fenstern und weit gespannten Gewölben letztlich der Gotik
verpflichtet blieb, weshalb etwa die Kirchenräume Balthasar Neumanns, wie die
Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen, insgeheim viel gotischer sind, als die
Nomenklatur der Epochen-Kunstgeschichte uns weismachen will.
[1] Andreas Speer: Lux mirabilis et continua.
Anmerkungen zum Verhältnis von mittelalterlicher Lichtspekulation und
gotischer Glaskunst, in: Kat. Köln 1998,
S. 89-94, hier: S. 91f. unter Berufung auf den Kommentar des Thomas von Aquin
zu De divinis nominibus
[2] Wolfgang Schöne: Über den Beitrag von Licht und Farbe
zur Raumgestaltung im Kirchenbau des alten Abendlandes, in: Evangelische
Kirchbautagung 10,1959, 89-154 ; Otto v.
Simson: Die gotische Kathedrale : Beiträge zu ihrer Entstehung und Bedeutung,Darmstadt
1972.
[3] Abbé M.-L. Duru: Bibliothèque Historique
de l‘Yonne…, I, Auxerre 1850, S. 448 u. 474. Aufschlussreich ist auch die
Passage über den Neubau der Kathedrale:“ Eodem
tempore, circa novas ecclesiarum structuras passim fervebat de novo populorum. Videns
itaque episcopus ecclesiam suam Autissiodorensem structure antique minusque
composite squalore ac senio laborare, aliis circunquaque capita sua
extollentibus mira specie venustatis, eam disposuit nova structura et studioso
peritorum in arte cementaria artificio decorare, ne ceteris specie studiove
penitus impar esset; eamque fecit a posteriori funditus parte demoliri, ut,
deposito antiquitatits veterno, in elegantiorem juvenesceret speciem novitatis.”
[4] Duru (wie Anm. 3), 470.
[5] Marie-Thérèse d’Alverny: Les mystères de
l’église d’après Pierre de Roissy, in: Mélanges René Crozet, Poitiers 1966,
1085-1104.
[6] RDK, Art. Fenster
[7] Die Literatur zum 1088 begonnenen Neubau
von Cluny III ist umfangreich; ich beschränke mich auf die Nennung von Kenneth
J. Conant: Cluny, les églises et la maison du chef d'ordre, Mâcon 1968; Ders.:
L'abside et le choeur de Cluny III, in: Gazette des Beaux-Arts 79, 1972, S.
5-12; Francis Salet: Cluny III, in: Bulletin Monumental 126, 1968, S. 235-292.
[8]
Zitiert wird hier der berühmte Kirchweihhymnus.- Jean Leclercq: Spiritualité et culture à Cluny,
in: Spiritualità Cluniacense, Todi 1960, S. 101-150 (Convegno del Centro di
Studi sulla Spiritualità Medievale 2, 1958).- Der Begriff des
"deambulatorium angelorum" in: Qualiter
beatus Hugo divina revelatione admonitus cluniacensis basilicae structuram in
qualitate et quantitate melioravit, in: M. Marrier u.a. (Hg.): Bibliotheca
Cluniacensis, Paris 1614, Reprint Mâcon 1915, Sp. 457 ff.
[9] Johan Chydenius: The Theory of
Medieval Symbolism, Helsingfors 1960 (Societas Scientiarum Fennica. Commentationes
Humanarum Literarum 27,2); Gerhard B. Ladner: Medieval and modern understanding
of Symbolism, in: Speculum 54, 1979, 223-356; Bruno Reudenbach: Säule und
Apostel. Überlegungen zum Verhältnis von Architektur und
architekturexeegetisdcher Literatur im Mittelalter, in: Frühmittelalterliche
Studien 14, 1980, 310-351, hier: 319 f.
[10]
Wolfgang Schöne: Über das Licht in der Malerei, Berlin 1954, 68, Anm. 147.
[11] Apologia ad Guillelmum, in: PL 182, Sp.
895-918, bes. 914 ff.- R. Cortese Esposito: Analogie e contraste fra Cîteaux e
Cluny, in: Cîteaux 19, 1968, S. 5-39.- Bernhards Sätze lauten
lateinisch: "... sic pecunia
pecuniam trahit. Quia nescio quo pacto, ubi amplius divitiarum
cernitur, ubi offertur libentius. Auro tectis reliquiis
saginantur oculi, et loculi aperiuntur." (PL 182,
Sp. 915 B).
[12] "... arbores quasdam erectas", a.a.O., Sp. 915.- Peter
Bloch: Siebenarmige Leuchter in christlichen Kirchen, in:
Wallraf-Richartz-Jahrbuch 23, 1961, 55-190.
[13]
"... mihi quodammodo repraesentant
antiquum ritum Judaeorum": PL 182 (wie Anm. 11), Sp. 914.
[14]
Karl Heinz Esser: Über den romanischen Kirchenbau des hl. Bernhard von
Clairvaux. Eine kunstwissenschaftliche Untersuchung aufgrund der Ausgrabung der
romanischen Abteikirche Himmerod, in: Archiv für mittelrheinische
Kirchengeschichte 5, 1953, S. 195-222, hat S. 207 ff. als erster das Fehlen der
traditionellen symbolischen Deutung des Kirchenbaus beim hl. Bernhard
herausgearbeitet. Andererseits ist dieser einer der wichtigsten Anreger für
einen moralisch-tropologischen Gebrauch der Baumetaphern, etwa in seinem
erbaulichen Traktat De gradibus
humilitatis et superbiae mit ihren 15 allegorisch gedeuteten Treppenstufen
(PL 182, Sp. 941-972).
[15]
Die Dunkelheit entsteht vor allem durch das Weglassen der Obergadenfenster im
Schiff, das bekanntlich bei den Weißen Mönchen der Ort des Chorgestühles war.
[16] Emma Simi-Varanelli: Nigra sum sed
formosa. La problematica della luce ... nell'estetica bernardina, in: Rivista
dell'Istituto nazionale d'archeologia e storia dell'arte, 3a serie, 2, 1979, S.
119-167.- Anselme
Dimier: Architecture et spiritualité cisterciennes, in: Revue du Moyen Age
latin 3, 1947, S. 255-274.
[17]Robert
Suckale: Deutung und Gestaltung der Sanktuariumsarchitektur des 12. Jahrhunderts, in: Ders.: Stil und Funktion. Ausgewählte
Schriften zur Kunst des Mittelalters, hg. von Peter Schmidt und Gregor
Wedekind, München und Berlin 2003,
303-315, hier: 307f.
[18]
Simi-Varanelli (wie Anm. 16).- Dieter Kimpel/Robert Suckale: Die gotische Architektur in Frankreich 1130‑1270,
München 21995, 145 ff.
[19]
Wilhelm Schlink: Zwischen Cluny und Clairvaux. Die Kathedrale von Langres und
die burgundische Architektur des 12. Jahrhunderts, Berlin 1970 (Beiträge zur
Kunstgeschichte 4) hat S. 111 ff. überzeugend einen Wandel im Verhältnis
zwischen Zisterziensern und Cluniazensern mit entsprechenden Folgen in der
Baukunst der Weißen Mönche nachgewiesen.- Über die Bedeutung der Wahl
polygonaler Formen für den Grundriss und die Annäherung der Zisterzienser an
die gotische Bauweise der Ile-de-France s. Kimpel / Suckale (wie Anm. 18), 145
ff. und passim.
[20]
Hanno Hahn: Die frühe Kirchenbaukunst der Zisterzienser : Untersuchungen zur
Baugeschichte von Kloster Eberbach im Rheingau und ihren europäischen Analogien
im 12. Jahrhundert, Berlin 1957 hat diese Befunde falsch gedeutet. Zu italienischen Beispielen s. Lelia
Fraccaro de Longhi: L'architettura delle chiese cistercensi italiane con
particolare riferimento ad un gruppo omogeneo dell'Italia settentrionale,
Mailand 1958, rez. von Hanno Hahn, in: Kunstchronik 13, 1960, 77-84.
[21]
v. Simson (wie Anm. 2).
[22]
Die in der Apologia (wie Anm. 11), 914 A vorgebrachte Kritik bezieht sich
offenkundig auf Suger.
[23] Erwin Panofsky: Abbot Suger on the
Abbey Church of St.-Denis, Princeton 21979, 14ff.- Yves Christe: A
propos de l'apologia de St. Bernard: dans quelle mesure Suger a-t-il tenu
compte de la réforme cistercienne?, in: Genava 14, 1966, 5-11.
[24] Panofsky a.a.O., 100 und 240.
[25]
Suger war stolz darauf, als 'neuer Salomon' bezeichnet zu werden, so z.B. in
einem Brief des Bischofs Joscelin von Soissons; s. Suger: Oeuvres complètes,
hg. von Albert Lecoy de la Marche, Reprint Hildesheim u.a. 1979, S. 421;
Panofsky (wie Anm. 23), 90ff. Reisende, die die Reichtümer von St.-Denis mit
denen der Hagia Sophia in Konstantinopel verglichen, machten ihm große Freude;
s. Panofsky, 64 ff. Zum Gold s. Ders., 52ff., über die Cherubim 67.
[26] Über Sugers Gebrauch von caput Panofsky, 72 und 210ff.- Letztlich ist dieser Gedanke schon
in der frühchristlichen Interpretation des Kirchenbaus als Kreuz latent; s.
Friedrich W. Deichmann: Einführung in die christliche Archäologie, Darmstadt
1983, 89ff.- Victor Mortet / Paul Deschamps: Recueil de textes relatifs à l'histoire
de l'architecture et à la condition des architectes en France, au Moyen-Age,
Reprint Paris 1995 (Éditions du Comité des Travaux Historiques et
Scientifiques) I , 159ff. und II, 17.- D'Alverny
(wie Anm. 5), 1089 und 1096.- Vitruvii
de architectura libri decem, hg. und übersetzt von C. Fensterbusch, Darmstadt
1964, 138ff.- Zum Bekanntheitsgrad
dieses Traktates im Mittelalter s. Carol H. Krinsky: Seventy-eight Vitruvius
manuscripts, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 30, 1967,
36-70, bes. 40 über das Aufgreifen seiner Idee vom Muster des menschlichen
Körpers im Mittelalter.- S.a. Frank Zöllner; Vitruvs Proportionsfigur : eine
Metapher für Maß und Geometrie, in: Entwerfen : Architektenausbildung in Europa
von Vitruv bis Mitte des 20. Jahrhunderts, hg. von Ralph Johannes, Hamburg 2009.- Der
Vergleich von Kirche und menschlichem Körper schon in den Gesta abbatum Trudonensium aus dem frühen 12. Jh., s. Joseph Sauer:
Symbolik des Kirchengebäudes und seiner Ausstattung in der Auffassung des
Mittelalters mit Berücksichtigung von Honorius Augustodunensis, Sicardus und
Durandus , Freiburg/Brg. 1924, 111.- Edgar de Bruyne: Etudes d'esthétique médiévale, 3
Bde., Brügge 1946, bes. I, 237ff. und 258ff.- Fritz Saxl: Verzeichnis astrologischer und mythologischer illustrierter
Handschriften des lateinischen Mittelalters, II. Die Handschriften der
Nationalbibliothek in Wien, Heidelberg 1927, S. 40ff. (Sitzungsberichte der
Heidelberger Akademie der Wissenschaften 1925/1926, 2).- Der christologische
Aspekt diskutiert bei: Henri de Lubac: Exégèse médiévale, Paris 1963, I/1,
155ff. und II/2, 47f.
[27]
In medio wurde von Panofsky (wie Anm.
23), 50, 169 u. andernorts, ebenso von anderen Autoren auf das Langhaus
bezogen, m.E. zu Unrecht, trotz der dem Anschein nach diese Deutung stützenden
Passage in "De administratione",
XXIX, 50, 25 f. Nach I Reg 6,19,26 ist das Sanktuarium gemeint. Cf. Friedrich Oswald:
In medio ecclesiae – die Deutung der literarischen Zeugnisse im Lichte
archäologischer Funde, in: Frühmittelalterliche Studien 3, 1969, 313-326.
[28]
Reudenbach (wie Anm. 9); Panofsky (wie Anm. 23), 104. Suger bezieht sich auf den in Cluny
zitierten Satz von der Kirche als mons
Sion; s. Panofsky, 104, 227, 241. Andere Bezugnahmen auf das Alte Testament
s. Panofsky, S. 134.
[29]
Durandus I/1: "Dispositio autem ecclesiae materialis modum humani corporis tenet. Cancellus
sive locus ubi altare est caput repraesentat."
[30]
Zur lux mirabilis cf. Panofsky (wie
Anm. 23), 100; zu den lapides preciosi
102, ein Zitat nach dem Breviarium Romanum zum Fest der Kirchweihe (s.a. Apc
21,11). Otto v. Simson (wie Anm. 2) insistiert zu einseitig auf der Bedeutung
der Lichttheologie des Dionysius Areopagita. S. dagegen Grover A. Zinn: Suger's Theology and the Pseudo-Dionysian
Tradition, in: Paula Gerson (Hg.): Abbot Suger and St.-Denis. A
Symposium, New York 1986, S. 33-40; Kimpel / Suckale (wie Anm. 18), 58.
[31]
Zum mos anagogicus s. de Lubac (wie
Anm. 26). Panofsky (wie Anm. 23), 46f., 62 u. 165; Kimpel / Suckale (wie Anm. 18),
S. 90 f.- Konrad Hoffmann: Sugers "anagogisches" Fenster in
St.-Denis, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch 30, 1968, 17-88.- Dass dieser Begriff
fälschlich mit dem Areopagiten in Zusammenhang gebracht wird, betont Grover A.
Zinn (wie Anm. 30).
[32]
Nicht zufällig rückt in derselben Zeit die Aufgabe der christlichen Bilder,
Andacht zu wecken, immer mehr ins Zentrum des gestalterischen Bemühens.
[33]
Speer (wie Anm. 1), 344f.
[34]
Panofsky (wie Anm. 23), 62: "... de materialibus ad immaterialia
transferendo, honesta meditatio insistere persuaderet, videor videre me quasi
sub aliqua extranea orbis terrarum plaga, quae nec tota sit in terrarum faece
nec tota in caeli puritate, demorari, ab hanc etiam inferiore ad illam
superiorem anagogico more Deo donante posse transferri" u. 74: "... de materialibus ad immaterialia
excitans..."; s.a. S. 191 und Pierre Verdier: Réflexions sur
l'esthétique de Suger. A propos de
quelques passages du De administratione,
in: Etudes de civilisation médiévale, Mélanges Edmond-R. Labande,
Poitiers 1974, 699-709.
[35] Panofsky (wie Anm. 23), 22 u. 46.
[36] Edouard Dumoutet: Le désir de voir
l'hostie et les origines de la dévotion au Saint-Sacrement, Paris 1926.
[37]
Kimpel / Suckale (wie Anm. 18), 58.
[38]
Die Sainte-Chapelle hat eine Gesamthöhe von fast 40 Metern Dieser konstruktive Wagemut
war jedoch nur möglich, weil man in einem vorher unbekannten Ausmaß Eisen
verwendete. Drei sorgfältig verdeckte eiserne Ringanker halten den Bau
zusammen, der untere in die Fenstersohlbank eingelassen, der obere vom
Couronnement verdeckt, der mittlere als FensterEisen getarnt. In der
Unterkapelle sind zusätzlich zwei Reihen Stützen in den Raum gestellt und mit
eisernen Zugankern in der Wand befestigt, obendrein sind die Rippen im Polygon
mit Eisen verstärkt, und oberhalb der Gewölbe der Oberkappelle sind die Mauern
durch ein Netz von Zugankern zusammengespannt.
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